Violett ist komplex, vielschichtig und kompliziert in seinem Charakter ebenso wie in seiner Symbolik. Woran das liegt? In Violett vereint sich das irdische Rot mit dem himmlischen Blau. Logische Konsequenz daraus: Violett wird zum Inbegriff des mystisch Geheimnisvollen.
Gleichzeitig bringt Violett alle weiteren Gegensätze von Rot und Blau zusammen: das Kalte mit dem Heißen, das Präsente mit dem Flüchtigen, das Männliche mit dem Weiblichen. Letzteres ist der Grund, warum Feministen – den Anfang machten die Suffragetten Ende des 19. Jahrhunderts in England – sich die Farbe Lila bzw. Violett zunutze gemacht haben, um das Androgyne, das Gleichberechtigte darzustellen.
Das Erkennungszeichen der Suffragetten: Ihre Kleidung enthielt die Farben Grün, Weiß und Violett. Das Violett symbolisierte den Anspruch auf das Stimmrecht, das Weiß die Ehre und das Grün die Hoffnung auf den Neubeginn. Männer, die die Bewegung damals unterstützten, trugen entsprechende Krawatten und Hüte. Das Frauenpower-Abzeichen der 1970er- Jahre wiederum zeigte eine violette Faust im violetten Venussymbol.
Violett, wie auch Lila und Purpur – im normalen Sprachgebrauch werden die drei Farbnamen für Farbtöne zwischen Rot und Blau genutzt – symbolisieren aber auch die ungestillte Sehnsucht, die grenzenlose Phantasie sowie das futuristische Denken.
Und nicht zu vergessen: Die Mischfarbe steht für Macht und Spiritualität. Purpur und Violett waren die Herrscherfarbe der Antike, des Mittelalters und der Königshäuser. Im 13. Jahrhundert setzte Papst Innozenz III. z. B. einen verbindlichen Farbkanon auf – je höher ein Gottesmann in der Hierarchie der katholischen Kirche aufsteigt, desto zahlreicher werden die violetten Farbtöne seiner Gewänder. Bischöfe präsentieren sich in Lila.
Vielleicht war die Farbe nur deshalb den Reichsten und Oberhäuptern der Kirche vorbehalten, weil sie früher, vor der industriellen Revolution, so schwer zu beschaffen war. Wie man weiß, konnte der Farbton nur in einem sehr aufwendigen und teuren Verfahren aus Purpurschnecken gewonnen werden.